Dez. 2016: 400 Mädchen und Jungen aus den Neustrelitzer Kindergärten nahmen an den Nikolausfahrten 2016 des Vereins teil. Ein Jahr zuvor berichtete die Strelitzer Zeitung ausführlich über diese schon zur Tradition gewordene Veranstaltung:
So ein Spaß, wenn die Hafenbahn den Advent versüßt
Quelle: Strelitzer Zeitung (Nordkurier) vom 05.12.2015)
Peter Ehrlich kann es nicht lassen. Selbst im Urlaub steuerte er die Bahn. Reinfried Walter und Bernhard Franz standen als Zugbegleiter bereit, Heike Brechler spielte den Nikolaus. Was war da bloß los?
Neustrelitz. Einmal Eisenbahner, immer Eisenbahner. Das betont Reinfried Walter. Der Mann ist 77 Jahre alt und sagt von sich, dass er sein ganzes Arbeitsleben
"auf der Lok gefahren ist". Das will er auch als Rentner nicht lassen. Bei der Hafenbahn in Neustrelitz stieg er am Freitag nun als Zugbegleiter in den Triebwagen.
Dabei war Reinfried Walter nur einer von acht Leuten, die an diesem Tag dafür gesorgt hatten, dass rund 300 Neustrelitzer Kinder sich auf eine Nikolausfahrt mit der Hafenbahn vom Bahnhof zum Wasser
begeben konnten. Dazu gehörte Peter Ehrlich. Der 60-Jährige saß vorn im Triebwagen und steuerte die Bahn über die Schienen. Der Mann hat eigentlich Urlaub. "Zum Glück, sonst hätte es mit der
Nikolausfahrt nicht geklappt", sagt er lachend. Es gibt zwar noch weitere Lokführer, aber so wie er müssen die auch Zeit finden. Schließlich setzen sich die Männer in ihrer Freizeit ehrenamtlich an
die "Strickmaschine" des Wagens, um Gänge und Drehzahl zu regeln. Wenn Peter Ehrlich nicht den Triebwagen der Hafenbahn steuert, dann ist er nämlich Lokführer des RE 5 und auf den Strecken zwischen
Stralsund, Rostock und Berlin unterwegs.
Es gibt nicht mehr viele Bahner seiner Art, weiß der Lokführer. Den Triebwagen des Hafenbahnvereins könnte kaum jemand steuern, mit der Technik aus dem Jahr 1964. Ohnehin macht den Bahnern zu
schaffen, dass keine jungen Leute mitmachen. "Mit 60 ist man bei uns noch ein junger Spund", betonte Vereinsvorsitzender Axel Schütze. Er ist 78 Jahre alt. "Ich bin Adoptiv-Eisenbahner", gab er zu.
Als Elektroingenieur habe er gearbeitet. Die Bahn sei sein Hobby geworden. Doch die hat ihm gerade in den vergangenen Wochen schwer zu schaffen gemacht. "Fast wäre es mit der Nikolausfahrt nichts
geworden", berichtete der Vorsitzende. Der Triebwagen, ohnehin in die Jahre gekommen, hatte einen Totalschaden, wie Axel Schütze beschrieb. Ob eine Reparatur überhaupt gelingt, stand auf Messers
Schneide. "Es gibt keine Ersatzteile mehr für den Zug."Und so musste der Verein einen fünfstelligen Betrag in die Hand nehmen, um ein neues Getriebe zu beschaffen und einzubauen. Viel Geld für einen
kleinen Verein, betonte Schütze. "Wir hoffen immer auf Spendenmittel."
Die Kinder dürften von den Sorgen der Hafenbahner nichts gespürt haben. Renate Cords hatte den Fahrplan zusammengestellt. Nikolausfrau Heike Brechler hatte sich das Kostüm übergezogen und Plätzchen
sowie Kuchen verteilt. Beruflich war die Rentnerin nie bei der Bahn, aber mitgeheiratet hat sie das Hobby, das für ihren Mann auch gleichzeitig Beruf ist. Während der Fahrt sorgten an den Übergängen
die Vereinsmitglieder dafür, dass der Verkehr gestoppt wurde. 24 Mitglieder gehören derzeit zum Hafenbahnverein. Zum aktiven Kern zählen wohl um die zehn, fasste Axel Schütze zusammen. Sie
lassen die Blutblase, wie der Triebwagen im Volksmund aufgrund seiner Farbe bezeichnet wird, dort über die Schienen rollen, wo der Wunsch dazu besteht. Hochzeitsfeiern und andere Familienfeste haben
die Hafenbahner schon ausgerichtet, sind mit ihrem Triebwagen bis Berlin gewesen und auch in anderen Städten. "Da wo Schienen sind, kommen wir hin", sind sich alle einig.
Dabei, so erinnert Bernhard Franz, sah es nach der Wende keineswegs rosig aus. Der 77-Jährige zählt zu den Bahn-Urgesteinen, leitete die Niederlassung Ladungsverkehr in Neubrandenburg und machte als
Rentner bei der Hafenbahn weiter. "Noch vor der Wende haben wir mit der Hafenbahn bis zu 100 Doppelachsen täglich geladen, erklärte der Rentner im Bahndeutsch. Das heißt, dass in Neustrelitz Waggons
voller Holz, Baustoffe oder auch Getreide losfuhren. "Ich kenne das alles wie meine Westentasche", sagte der 77-Jährige. Die Hafenbahn sollte "ganz dicht gemacht werden." Und heute? "Heute ist
Neustrelitz eine der wenigen Städte mit einer Hafenbahn." Da haben wir ein Zeichen gesetzt, meinte der Bahner mit Blick auf die Vereinsgeschichte.
Am Freitag herrschte gute Laune im Triebwagen. Mit rund 40 Kilometern die Stunde - mal schneller, mal langsamer - pendelte der Zug vier Mal zwischen Bahnhof und Hafen hin und her. Rund zwölf
Kilometer führte Peter Ehrlich die Bahn auf einer Tour.
Seit dem Jahr 2000 existiert der Verein. Die meisten der acht Mitglieder, die am Freitag für das Wohl der Kinder während der Nikolausfahrt gesorgt haben, sind von Anfang an dabei. Die Nikolausfahrt
selbst gehört inzwischen ebenfalls zur Tradition. Seit 2002 lädt der Hafenbahnverein dazu ein.
Mirower und Wesenberger konnten am 20. Juli 2016 ganz bequem zum Neustrelitzer Festspiel-Schlossberg mit der Bahn anreisen. Theaterbegeisterte Menschen um die Wesenbergerin Isabella Peukes organisierten für das Tanzfest eine Sonderfahrt mit dem "Hafenbahn-Express". Mit zehn Euro waren die etwa 120 Fahrgäste dabei. Sie erwarben mit dieser Summe sowohl das Zugticket als auch die Eintrittskarte für das Tanzfest. Die Tänzerinnen und Tänzer der Deutschen Tanzkompanie bedankten sich mit einer Sondervorstellung bei all Jenen, die das viele Monate von Auflösung bedrohte Ensamble unterstützt haben. Die Menschen strömten auf den Schlossberg, an der Abendkasse bildeten sich lange Schlangen. Eine grandiose Dankeschön-Veranstaltung, mit stehenden Ovationen, umjubelt von 1433 Menschen.
Die Hafenbahn fuhr um 18.10 Uhr von Mirow los. In Wesenberg ging es nach der Zugkreuzung mit der Kleinseen-Bahn um 18.30 Uhr weiter direkt zum Festspielort in der Nähe vom Neustrelitzer Hafen. Die Rückfahrt vom Haltepunkt Schlossgarten erfolgte um 22.25 Uhr.
Die Fahrt wurde grüßzügig vom Hafenbahnverein unterstützt. Mit im Unterstützer-Boot waren auch die Hanseatische Eisenbahn, die Regio Infra Nordost und die Bürgerinitiative Pro Schiene Mecklenburgische Seenplatte. Mit der Fahrt wurde gleichzeitig ein Zeichen für den Erhalt der Kleinseenbahn gesetzt. "Unsere regionalen Bahnstrecken tragen dazu bei, dass Menschen hierher kommen", so Isabella Peukes. Theater sei in diesem Zusammenhang als Teil des kulturellen Lebens und als Infrastruktur zu begreifen. "Es war eine wunderbare Stimmung im Zug", schwärmte die Wesenbergerin. Im Zug sei nicht nur über das Theater gesprochen worden. Viele Strelitzer sind früher mit der "Ferkeltaxe" zur Arbeit gefahren.
Zum Ansommern-Wochenende 2016 "48 Stunden" am ersten Juniwochenende organisierte der Hafenbahnverein Neustrelitz e.V. Dampflok-Zugfahrten auf seinem vereinseigenen Schienennetz. Auch 2017 (17./18. Juni) will sich der Verein wieder an der Werbeveranstatung des Tourismusverbandes der Mecklenburger Seenplatte beteiligen.